In 25 Jahren vom Stadtwerk zur vielseitigen Unternehmensgruppe
So mancher Niederrheiner rieb sich verwundert die Augen, als im April vor 25 Jahren die neue Enni am Moerser Firmensitz in der Uerdinger Straße das Ende der alteingesessenen Stadtwerke einläutete. Kurz vor der Jahrtausendwende hatten Moerser und Neukirchen-Vluyner Kommunalpolitiker entschieden, als Mittel gegen den seinerzeit drohenden Schrumpfkurs ihre beiden Stadtwerke unter ein gemeinsames Dach zu stellen. Gestern erinnerte der Vorstandsvorsitzende Stefan Krämer an die Geburtsstunde der Enni, die sich seither von der reinen Energiemarke zu einer vielseitigen Unternehmensgruppe entwickelt hat, die sich heute in zahlreichen Geschäftsfeldern regional und bundesweit bewegt. Gedacht war Enni als Pendant zu aufkommenden neuen Strommarken. Im Zuge der Marktöffnung prognostizierten Branchenkenner damals vielen der über 1.000 ehemals als Monopolisten agierenden Stadtwerken binnen weniger Jahre das Aus. In Moers und Neukirchen-Vluyn gelang es im Verbund des gemeinsamen Stadtwerks die Wirtschaftskraft in der Region zu halten und Bürgern durch die Beteiligung zweier privater Partner mit deren Strom- und Gasnetzen die Versorgung aus einer Hand zu bieten. „Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte war für die Gründer seinerzeit aber kaum zu erwarten“, sagt Krämer, der die Wachstumsfelder fernab des alten Energiegeschäftes als den Schlüssel für den Erfolg sieht. „Der Schritt spülte in zweieinhalb Jahrzehnten allein den kommunalen Gesellschaftern weit über 350 Millionen Euro an Gewinnen in leere Kassen“, sagt Krämer. Das und die spätere Ausgliederung kommunaler Bereiche hat vor allem Moers Handlungsspielraum auch für neue Bäder gegeben.“ Allein die Energietochter sei mit über 300 Millionen Euro heute viermal wertvoller als zur Jahrtausendwende. Von der Entwicklung profitierte auch die heimische Wirtschaft. „Am Niederrhein haben wir seit 2000 rund 570 Millionen Euro investiert und Aufträge von rund 350 Millionen Euro vergeben.“
Im April 2000 stand Enni als reiner Energiehändler und Netzbetreiber aber unter Druck. Im eng umgrenzten und von starkem Wettbewerb geprägten Markt sanken die Kundenzahlen. Erst nach der fusionsbedingten Konsolidierung und mit der 2003 erarbeiteten Wachstumsstrategie gelang die Wende – auch im Energiegeschäft. Heute ist das Stadtwerk bundesweiter Energieanbieter mit zehntausenden Strom- und Gaskunden. Seit 2005 ist Enni zudem kein reiner Energiehändler und Netzbetreiber mehr. Mit dem Einstieg in die Energieproduktion erschloss sich das Unternehmen eine neue Wertschöpfungsstufe, in der es sich früh auf regenerative Projekte konzentrierte. So gilt Enni heute mit Solar- und Windparks, einem Frischholzheizkraftwerk und dutzenden PV-Anlagen auf den Dächern ihrer Kunden als Aktivposten der Energiewende am Niederrhein. „So können wir heute große Teile unseres Strombedarfs aus eigenen regenerativen Quellen decken“, zahle dies laut Krämer auf die Nachhaltigkeitsziele der Enni ein. Dort wo sinnvoll und die Unternehmensgröße für Großprojekte nicht ausreicht, setzt das Unternehmen von Beginn an auf Partnerschaften. Als Teil des Stadtwerkeverbunds Trianel gelangen so beispielsweise der Einstieg in einen Off-shore-Windpark vor Borkum und mit dem Schulterschluss zu NEW und Gelsenwasser auch Netzübernahmen und Beteiligungen. Ein Erfolgsmodell dabei: Neue Partner beteiligten sich seit der Gründung gegen die Einbringung von Energienetzen oder Projekten an Enni. So brachten die privaten Gesellschafter RWE und rhenag 2000 ihre Strom- und Gasnetze in das junge Unternehmen ein. Dies gelang nach dem Gewinn der Konzessionen auch bei den Übernahmen der Gasnetze in Rheinberg und Uedem 2019 mit Gelsenwasser. „Hierdurch konnten wir uns breiter aufstellen und entwickelten uns zum Regionalversorger in den Kreisen Wesel, Kleve und Viersen.“ Seit 2023 ist die NEW Niederrhein Energie und Wasser (NEW) im Zuge der Neuausrichtung des alten Gesellschafters RWE/Westenergie neuer Gesellschafter, die als Mitgift einen Anteil an ihrer Erneuerbaren-Tochter NEW Re mit in die Ehe einbrachte. Dabei nutzte Enni die Chance zum nächsten Wachstumsschritt und gründete in Rheinberg eine gemeinsame Netzgesellschaft, an der Enni den Löwenanteil hält und Westenergie als heute größte E.ON-Tochter Minderheitsgesellschafter ist.
2007 ist die Geburtsstunde der heutigen Unternehmensgruppe. Hier gliederte die Stadt Moers zahlreiche kommunale Services, wie die Abfallabfuhr, die Straßenreinigung und ihre großen Sport- und Bädereinrichtungen in zwei Unternehmen aus – später folgten die Friedhöfe und die Kanäle. So bietet Enni Kunden neben Energie heute auch viele kommunale Services aus einer Hand und arbeitet in Moers dabei an den Zielen, Mehrwerte für Bürger zu schaffen und die sanierungsbedürftig übernommene Infrastruktur zu verbessern. Auch mit kommunalen Angeboten wächst Enni mittlerweile über die Stadtgrenze hinaus. Die Straßenreinigung in Xanten und Neukirchen-Vluyn oder der Betrieb der Kanalnetze in Neukirchen-Vluyn und Issum sind Beispiele. Dabei kann sich Krämer auf ein rund 600 Mitarbeiter starkes Team verlassen, das seit 2021 vom gemeinsamen neuen Firmensitz in Moers-Hülsdonk mit gemeinsamen Zielen in die Region wächst.
Auch wenn Krämer selbst Ende 2025 in den Ruhestand geht, soll die Erfolgsgeschichte weitergehen. Davon soll weiter vor allem der Niederrhein profitieren, mit dem man über tausende Kilometer Leitungsnetze untrennbar verbunden ist. „Wir sind als bürgernahes Unternehmen mit Kundenzentren und vielen die Lebensqualität der Menschen steigernden Sponsoringaktivitäten aber kein Billiganbieter“, ist Krämer als Grundversorger froh, nach den Preisausschlägen der Energiekrise hier wieder in ruhigeren Fahrwassern zu sein. Für Krämer ist dabei wichtig, für die zu großen Teilen kommunalen Gesellschafter in wirtschaftlichen schweren Zeiten weiter Gewinne zu erwirtschaften, den Arbeitsmarkt zu entlasten und den Wert des Unternehmens weiter zu steigern. Das soll auch mit neuen Konzessionen gelingen. Dabei bekam sein Unternehmen soeben den Zuschlag für das Wassernetz in Rheurdt, das Enni ab 2026 betreiben wird. Auch bei Energiewendeprojekten will Enni am Niederrhein Vorreiter bleiben und wird dabei noch 2025 den ersten großen Batteriespeicher ans Netz nehmen. Zudem setzt Enni weiter auf Kooperationen. Vor allem mit der auch am Niederrhein stark vertretenen Gelsenwasser arbeitet Krämer hierzu an interessanten, aktuell aber noch nicht spruchreifen Ideen. Die Gesellschafter sieht er dabei hinter seiner Strategie. „Sollte im Jahresverlauf tatsächlich eine noch engere Verzahnung gelingen, könnte eine über den Tellerrand hinausblickende Politik auch im Jubiläumsjahr den Weg für einen weiteren strategischen Schritt ebnen.“